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Wie kommen wir Menschen zu unseren Erkenntnissen über die Welt? Ausschließlich so, dass wir mit unseren fünf Sinnen unsere äußere Welt wahrnehmen. Wir sehen, hören, riechen, schmecken und tasten und wir fassen diese „Messergebnisse“ oder Merkmale in sogenannten gegenständlichen Begriffen (von begreifen) zusammen.
Ein Begriff ist also die Summe seiner Merkmale. Wir sammeln üblicher Weise nur so viele Merkmale, wie nötig, um die Begriffe von anderen unterscheiden zu können. Um diese Begriffe zu Ordnen, brauchen wir Ober- und Unterbegriffe usw. Näheres können Sie in meiner Denklehre nachlesen.
Ludwig Wittgenstein[1] hat das in seinem „Tractatus logico-philosophicus“ in seinem ersten Satz ausgedrückt: „Die Welt ist alles, was der Fall ist.“
Mit dieser inneren Erfahrung über diese Welt versuchen wir die Wirklichkeit zu erfassen. Und da unsere Erkenntnisse mit unseren beschränkten oder besser eingeschränkten Erfahrungen nicht ausreichend waren, haben wir unsere Erkenntnisfähigkeit durch entsprechende Techniken (z.B. durch Mikroskope) erweitert. So sind aus der Philosophie als der Mutter aller Wissenschaften alle Naturwissenschaften und sonstigen Bezugswissenschaften entstanden.
Das ist einer der Gründe, weshalb wir so oft das wesentliche unseres Daseins vernachlässigt haben, nämlich den Menschen selber. Es ist also längst überfällig, dass wir uns wieder auf uns selber beziehen und die Philosophie wieder eine ordnende Funktion im Strudel unserer Fachdisziplinen übernimmt.
Hinzu kommt die Problematik, dass wir selber als Subjekt unsere Welt als Objekt erleben und damit glauben, als hätten wir keinen Einfluss auf diese Objekte, die uns in unserer Erfahrung begegnen. Wir sind aber als Menschen gleichzeitig auch Objekt unserer Erkenntnis. Oder anders ausgedrückt, wir sind nur ein Teil dieser Welt, die als Ganzes existiert.
Werner Heisenberg (1901-1976), Nobelpreisträger und einer der herausragenden Physiker des 20. Jahrhunderts hatte sich von Jugend an für das „Ganze“ interessiert und die Frage gestellt, was unsere Welt im Innern zusammenhält. Einer seiner bekanntesten Schüler Hans-Peter Dürr [2] (1929-2014) schreibt hierzu: „Es gibt deshalb nur eine Gestalt und diese ist die <Welt>, die potenzielle <Wirklichkeit>. Es gibt nur das Eine. Und dieses Eine lässt sich prinzipiell nicht in Bestand-Teile aufteilen, es ist das Nicht-Zweihafte. Denn Aufteilen hat etwas mit unserer materiellen Sichtweise zu tun und mit unserer Vorstellung, dass Teile ähnliche Eigenschaften haben wie das Ganze oder zumindest mit denselben Begriffen beschrieben werden können. Die Welt stellt sich somit als etwas Nicht-Auftrennbares, als etwas Ganzheitliches dar. Die Elementarteilchenprozesse sind nicht so, dass sie ursächlich sind und dann zu einer bestimmten Wirkung führen, sondern es geht ganz <lebendig> und spontan zu. Ein Teilchen verschwindet hier und entsteht wieder dort, und dann sagen wir: Es hat sich von hier nach dort bewegt.“
Diese moderne Physik braucht bestimmt noch einige Zeit um richtig verstanden zu werden. Das „Begreifen“ der Materie und die damit verbundene Entstehung von „Begriffen“, die wir sinnlich als Merkmale wahrnehmen, erhält nunmehr einen neuen Sinn. Am Ende bleibt die Form, die Gestalt oder die Beziehung als Wirklichkeit übrig. Das sind die sogenannten „Wirks“, von denen Hans-Peter Dürr in öffentlichen Vorträgen gesprochen hat. Möglicherweise auch der Beginn einer neuen Wirklichkeit des Seins.
Vielleicht hat Ludwig Wittgenstein recht, wenn er in seinem „Tractatus logico-philosophicus“ in seinem 7. Satz schreibt: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen.“
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[1] Wittgenstein, L.; „Tractatus logico-philosophicus“, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2003, 7. Auflage, 2014
[2] Dürr, H.-P.; „Warum es ums Ganze geht – Neues Denken für eine Welt im Umbruch“; 4. Auflage, oeum verlag; (Hrsg.) Klemm, D. & Liesenbourghs, F.; München, (2010)¬

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